Mittwoch, 17. April 2013

Physiotherapie wäre besser gewesen!

Es wird zu oft, zu schnell und unnötig operiert.
Warum?
Weil es Geld bringt!

Gestern in Visite gleich der erste Beitrag:
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/visite/media/visite8387.html

Tenor: Physiotherapie wäre in vielen Fällen die bessere Therapie!
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Operieren bis der Arzt kommt...
von Vera Cordes
Composing von Vera Cordes vor einer Computertastertur © HG: Ian McGregor fotolia.com  /// Vera Cordes:NDR Presse und Information Fotograf: HG: Ian McGregor /// Vera Cordes: NDR/H&S/Hergen SchimpfDetailansicht des BildesEs kann einem schon Angst machen, das Gefühl, dass man in unserem Gesundheitssystem an jeder Ecke abgezockt wird. Der Haus- oder Facharzt verkauft einem IGeL, also individuelle Gesundheitsleistungen und macht dem zögerlichen Patienten ein schlechtes Gewissen: "Das sollte Ihnen Ihre Gesundheit aber wert sein!" Wer gibt sich dann schon die Blöße und sagt "nein", auch wenn ihm schwant, dass sich die angebotene angeblich abwehrstärkende Eigenbluttherapie nicht entscheidend positiv auf seine Gesundheit auswirken wird.
Von schlimmen Fällen berichten auch unsere Zuschauer: "Wenn ich beim Augenarzt nicht wenigstens eine IGeL-Leistung kaufe, nimmt mich der Doktor gar nicht erst dran", schreib ein Mann. So ein Gebaren gehört genauso bei der Ärztekammer angezeigt wie das des Orthopäden, der - nachdem die Patientin vier teure Aufbauspritzen ins Knie ablehnt - ihr eben auch keine Krankengymnastik mehr verschreibt.

Problem unnütze Operationen

Noch gravierender als teure und überflüssige individuelle Gesundheitsleistungen sind unnütze Operationen. Hier zahlt zwar die Krankenkasse und nicht der Patient, aber der setzt dafür seine körperliche Unversehrtheit aufs Spiel, haftet mit Leib und Leben - was noch viel dramatischer ist. Knieoperationen werden bekanntlich viel zu oft durchgeführt. Sie können aber gefährliche Infektionen nach sich ziehen. Manchmal mit resistenten Keimen, die man ein Leben lang nicht mehr los wird.
Eingriffe an der Wirbelsäule verschlimmern vorhandene Rückenschmerzen oft noch. Ihre Zahl ist in Deutschland in den letzten Jahren rapide gestiegen. Allein die Versteifungsoperationen haben sich in den vergangenen fünf Jahren verdreifacht. Nicht anzunehmen, dass auch die Zahl der tatsächlich operationsbedürftigen Patienten im selben Ausmaß gestiegen ist.
Nur allzu oft hat Visite über bedauernswerte - man muss es so sagen - Opfer skrupelloser Operateure berichtet, die nicht sehen wollten oder aus welchen Gründen auch immer nicht gesehen haben, dass ein chirurgischer Eingriff nicht indiziert war. Operateure, die die Verunsicherung und den Leidensdruck von Patienten benutzt haben, um ihre OP-Quote aufzubessern und damit den Verdienst ihres Hauses und oft auch ihren eigenen.

Auch Ärzte kritisieren Praktiken

Das Ganze ist keine Miesmacherei von Seiten der Medien, wie es oft in Ärztekreisen dargestellt wird. Immerhin prangerte schon vor mehr als zwei Jahren der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie, Rainer Gradinger, seine eigene Zunft an, indem er offen kritisierte, dass viele Rückenoperationen vor allem aus wirtschaftlichen Gründen durchgeführt werden.
Übrigens schießen nicht nur chirurgische Orthopäden über das Ziel hinaus, auch bei der stationären Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bei Krebstherapien liegt Deutschland zahlenmäßig vorne. Das geht aus der aktuellen Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor, die jüngst die Operationszahlen in Deutschland mit denen in anderen Industrieländern verglichen hat. Gesamtergebnis: In kaum einem anderen Land werden Patienten so oft im Krankenhaus behandelt wie hierzulande. 240 Klinikaufenthalte pro 1.000 Einwohner verzeichnet die Statistik für Deutschland. Nur Österreich hat mit 261 noch etwas mehr. Der OECD-Durchschnitt liegt bei nur 155.

Bundesgesundheitsminister geht Problem an

Endlich nimmt sich jetzt Bundesgesundheitsminister Bahr dieses Problems an. Auf der Konferenz "Mengenentwicklung im Krankenhausbereich" mit allen beteiligten Playern betonte er gestern in Berlin, dass jetzt dringend diskutiert werden müsse, welche Anreize nötig sind, damit diejenigen Kliniken profitieren, die eine gute Behandlung anbieten und nicht die, die einfach nur mehr operieren.
Schön wär's ja, wenn Kliniken künftig stärker für ihre Behandlungserfolge bezahlt würden als für die reine Menge an erbrachten Behandlungen. Dann würde vermutlich mehr Patienten geholfen werden und Visite könnte sich auch wieder mehr auf andere Themen konzentrieren als auf regelmäßige Krankenhaus-Schelte.
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